Immobilien haben einen Preis, sowie andere Produkte auch. Aber wie erfolgt die Preisfindung für Immobilien?
Die meisten von Ihnen kennen Vergleichsportale von Immobilien bzw. Marktplätze wie bspw. willhaben.at, immowelt.at oder immobilienscout24.at bzw. „offline“ in Immobilienteilen von Tageszeitungen bzw. Magazinen.
In diesen Inseraten und Vergleichen sehen Sie immer den Angebotskaufpreis von Immobilien (z.B. Eigentumswohnungen), also jenen Preis, der vom Verkäufer angestrebt wird, jedoch mitunter nicht den wahren Wert der Immobilie widerspiegelt.
Wo ist der Unterschied zwischen Angebots-, Verkaufspreis und dem Verkehrswert einer Immobilie?
Der Angebotspreis ist, wie bereits erwähnt, jener Preis, der als Zielwert vom Verkäufer angeführt wird. Für Käufer empfiehlt es sich den Angebotspreis durch die Nutzfläche zu dividieren, um eine Vergleichsbasis zu schaffen. So erhalten Sie einen Quadratmeterpreis, der für Gegenüberstellungen einfach anzuwenden ist.
Der Verkaufspreis ist jener Preis, der tatsächlich für die Wohnung / das Objekt / die Liegenschaft bezahlt wird. Er kann sich vom Angebotspreis stark unterscheiden, insbesondere wenn die Preisbildung des Objekts nicht professionell erörtert wurde.
Um eine gute Verhandlungsposition zu haben, empfiehlt es sich ähnliche, vergleichbare Objekte heranzuziehen und die Liegenschaft zu besichtigen bzw. technisch bewerten zu lassen.
Der Verkehrswert der Immobilie wird rechnerisch ermittelt. Für die Ermittlung dieses Wertes stehen mehrere Verfahren zur Verfügung, die wir näher beleuchten wollen.
In Österreich dient für die Wertermittlung von Immobilien das Liegenschaftsbewertungsgesetz LGB als gesetzliche Grundlage. Das LGB sieht für die Wertermittlung drei mögliche Verfahren vor:
Vergleichswertverfahren
§ 4 (1) „Im Vergleichswertverfahren ist der Wert der Sache durch Vergleich mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Sachen zu ermitteln (Vergleichswert). Vergleichbare Sachen sind solche, die hinsichtlich der den Wert beeinflussenden Umstände weitgehend mit der zu bewertenden Sache übereinstimmen. Abweichende Eigenschaften der Sache und geänderte Marktverhältnisse sind nach Maßgabe ihres Einflusses auf den Wert durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen.“ – Auszug aus LGB
Übersetzt bedeutet es, dass das Äpfel mit Äpfel verglichen werden müssen. D.h. ein Wohnhaus im 1. Wiener Gemeindebezirk kann nicht mit einem Wohnhaus in Linz verglichen werden, da Mikro- und Makrolage, Marktumfeld und viele weitere Faktoren abweichend sind. Je ähnlicher die Eigenschaften der Vergleichsimmobilien sind, desto aussagekräftiger ist das Ergebnis des Verfahrens.
Da jede Immobilie als Prototyp angesehen werden kann, wird es die perfekte Vergleichsmöglichkeit nicht geben, deswegen wird mit Zu- und Abschlägen gearbeitet.
Das Vergleichswertverfahren findet vor allem bei Grundstücken, Reihenhäusern sowie Eigentumswohnung Anwendung.
Ertragswertverfahren
„§ 5. (1) Im Ertragswertverfahren ist der Wert der Sache durch Kapitalisierung des für die Zeit nach dem Bewertungsstichtag zu erwartenden oder erzielten Reinertrags zum angemessenen Zinssatz und entsprechend der zu erwartenden Nutzungsdauer der Sache zu ermitteln (Ertragswert).
(2) Hiebei ist von jenen Erträgen auszugehen, die aus der Bewirtschaftung der Sache tatsächlich erzielt wurden (Rohertrag). Durch Abzug des tatsächlichen Aufwands für Betrieb, Instandhaltung und Verwaltung der Sache (Bewirtschaftungsaufwands) und der Abschreibung vom Rohertrag errechnet sich der Reinertrag; die Abschreibung ist nur abzuziehen, soweit sie nicht bereits bei der Kapitalisierung berücksichtigt wurde. Bei der Ermittlung des Reinertrags ist überdies auf das Ausfallwagnis und auf allfällige Liquidationserlöse und Liquidationskosten Bedacht zu nehmen.“ – Auszug aus LBG
Das Ertragswertverfahren ist ein interessantes Bewertungsinstrument, da sich auf einfache Art und Weise die Frage beantworten lässt, ob sich ein Erwerb einer Liegenschaft lohnt.
Der Ertragswert wird auf Basis des Rohertrages, der Bewirtschaftungskosten, des Liegenschaftszinses, des Vervielfältigers und des Bodenwertes ermittelt.
Einfache Formel: Ertragswert = (RoE – BWK – i × BW) × V + BW
Rohertrag RoE: jährliche Nettomiete der Liegenschaft
Bewirtschaftungskosten BWK: sind die nicht umlagefähige Betriebskosten des Hauses (Verwaltungskosten, Mietausfallwagnis, Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungskosten)
Liegenschaftszins i: ist der Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Liegenschaften im Durchschnitt marktüblich verzinst wird. D.h. hier werden die Opportunitätskosten der Anschaffung eingepreist. Liegenschaftszinssätze sind abhängig vom lokalen Marktumfeld, bei Wiener Wohnimmobilien liegen sie zwischen ca. 2,5% und 4%.
Vervielfältiger V: ergibt sich aus der Restnutzungsdauer der Liegenschaft und dem Liegenschaftszinssatzes – es gilt, je niedriger der Zinssatz ist, desto höher ist der Vervielfältiger und somit der Ertragswert der Liegenschaft
Bodenwert BW: Der Bodenwert einer Liegenschaft kann aus Vergleichswerten ermittelt werden oder direkt über Finanzonline (in Österreich) abgefragt werden
Einfaches Musterbeispiel zur Veranschaulichung (ohne Abminderungen, Zuschläge und Begründungen):
Eigentumswohnung in Linz – Nutzfläche 100m2
Nettomiete pro Jahr | 10€/m2 * 100m2 * 12 Monate = 12.000 EUR |
Mietausfallwagnis: | 4% bezogen auf die Nettomiete = 480 EUR |
Instandhaltung jährlich | 10€/m2 * 100m2 = 1.000 EUR |
Verwaltungskosten und nicht umlagefähige Betriebskosten | 5% bezogen auf die Nettomiete = 600 EUR |
Bewirtschaftungskosten gesamt | 2.080 EUR |
Restnutzungsdauer | 60 Jahre |
Liegenschaftszinssatz | 3% |
Bodenwert bezogen auf die Nutzfläche | 100m2 * 700€/m2 = 70.000 EUR |
Ertragswert | 286.423 EUR |
Sachwertverfahren
„§ 6. (1) Im Sachwertverfahren ist der Wert der Sache durch Zusammenzählung des Bodenwertes, des Bauwertes und des Wertes sonstiger Bestandteile sowie gegebenenfalls des Zubehörs der Sache zu ermitteln (Sachwert).“ – Auszug aus LBG
Das Sachwertverfahren wird grundsätzlich für Ein- und Zweifamilienhäuser angewandt unter der Annahme, dass auf diesem Markt am ehesten der Substanzwert bezahlt wird.
Hedonische Preismodellierung
Der Begriff „hedonisch“ stammt vom griechischen Wort „hedone“ ab, was soviel wie Freude, Vergnügen und Lust bedeutet.
Das hedonische Preismodell bewertet Immobilien über eine Vielzahl an Eigenschaften, die in Liegenschafts- und Lagemerkmale unterteilt sind. Zu den Liegenschafsmerkmalen gehören u.a. die Zimmeranzahl, Garagenplätze, Wohnfläche, Gebäudevolumen, uvm. Zu den Lagemerkmalen werden bspw. Verkehrsanbindungen, Versorgungseinrichten sowie Bevölkerungsmerkmale (Dichte, Alterstruktur etc.) und ökonomische Merkmale (Durchschnittseinkommen, Inflation, etc.) herangezogen.
Die Preise errechnen sich dann aus einer Kombination der Faktoren, welche mittels eines Regressionsverfahrens (statistisches Analyseverfahren) ermittelt werden. Die statistische Analyse erfolgt auf Basis umfassender Datenerhebungen von kürzlich erfolgten Immobilientransaktionen.
Vorteil des Verfahrens ist die Replizierbarkeit, d.h. es gibt keinen subjektiven Ermessensspielraum. Ein weiterer Vorteil liegt in einer schnellen, regelmäßigen Bewertung, da die Eigenschaften der Immobilie nur einmal bekannt gegeben werden müssen. Diese Methode wird von Pensionskassen, Banken und Versicherungen seit längerem angewandt.
Auch unsere online Immobilienbewertung funktioniert mit der hedonischen Preisermittlung. Allerdings überprüfen wir das Ergebnis manuell bevor wir Ihnen das Ergebnis zukommen lassen.